Migräne Fall 2

Frau T. war von Mai 2002 bis März 2005 bei mir in etwa 14-tägigem Abstand in Behandlung. Bei Therapiebeginn war sie Anfang 30 alt und litt unter wöchentlichen Migräneanfällen von mehrtätiger Dauer. Die Migräne war erstmals mit 22 Jahren im Zusammenhang mit der Trennung von einem Lebensgefährten aufgetreten.

Frau T. ist sehr sensibel, vom Körperbau zart und wenig muskulös. Sie hat hohe Ansprüche an sich, „muss schon alles können“, hat oft Versagensängste und fühlt sich sehr für andere verantwortlich. – Muskuläre Verspannungen finden sich im Kopf- und Nackenbereich, an den Oberarmen, im Rücken und Becken.

Die sanfte Energiearbeit an Kinn, Nacken und Schultern bringt energetisch schnell vieles in Bewegung: nach den ersten Behandlungsstunden können typischerweise ungewöhnlich starke Migräneanfälle auftreten, die im Sinne einer Erstverschlimmerung zu deuten sind. Die Anfälle werden bei Frau T. dabei gleichzeitig seltener – nach der vierten Stunde treten sie nur noch alle 14 Tage auf, nach knapp einem halben Jahr weichen die Migräneanfälle immer öfter deutlich schwächeren halbseitigen Kopfschmerzen, die sich mit Aspirin gut behandeln lassen. Nach einem Jahr ist Migräne die Ausnahme geworden, sie taucht nur noch unter starkem Stress auf und spielt in der weiteren Therapie nur noch eine untergeordnete Rolle. Bei Ansätzen davon weiß Frau T. meist genau, woher die Überforderung kommt und kann dem immer öfter entgegenwirken.

Frau T. hat im Alltag Schwierigkeiten, innerlich und äußerlich zur Ruhe zu kommen – sie lebt nach dem Motto „Zähne zusammenbeißen und durch“. Bei der sanften Energiearbeit kann sich jedoch gut entspannen, die Behandlungsstunden helfen ihr, diese Ruhe auch in ihr Leben zu integrieren, besser für sich – statt nur für andere – zu sorgen, z. B. regelmäßig zu kochen und sich auszuruhen. Ihre Ängste und depressiven Verstimmungen lassen nach, stattdessen werden Wut und Ärger Themen in der Therapie. Als sie merkt, wie immer wieder die vermeintlichen Leistungsansprüche ihres Vaters ihr „den Rücken hochkriechen“ und Verspannungen auslösen, verabschiedet sie sich von einigen Plänen beruflicher Veränderung und ist dadurch sehr entlastet.

Ein Jahr nach Therapiebeginn zieht sie mit ihrem langjährigen Lebensgefährten zusammen. In der Beziehung wird einer der Hauptauslöser für ihre Migräne deutlicher: sie fühlt sich für ihrem Partner – und darüber hinaus für viele ihrer Mitmenschen – über Gebühr verantwortlich, entwickelt fast ein Helfersyndrom und überfordert sich damit unbewusst. Ihre eigenen Wünsche treten in den Hintergrund, sie verliert den eigenen Standpunkt und wird „im Kopf ganz neblig“. Erst wenn sie sich wieder bewusst auf sich konzentriert und einen guten inneren Abstand zu ihrem Partner findet, hat sie wieder „Boden unter den Füßen“ – Anflüge von Migräne sind dann manchmal innerhalb von 10 Minuten verschwunden.

Frau T. bestätigt mir aus ihrer Erfahrung den Zusammenhang zwischen Migräne und Sexualität: mit einem Orgasmus gelingt es ihr immer, die Migräneschmerzen aufzulösen. Sie hat eine sexuell befriedigende Affäre und während dieser Zeit keine Migräneattacken!

Bei Therapieende ist die Migräne ist eine Art Ratgeber geworden, ein untrügliches Indiz für Stress und Überforderung, eine Aufforderung zu Veränderung.